Berufsbildnertagung: Holzindustrie Schweiz geht voran
Einige Entwicklungen passieren fast unbemerkt im Hintergrund: Das Qualifikationsverfahren für den Lehrabschluss wird überarbeitet, ebenso die Weiterbildung für Holzfachspezialisten FA. Auch die überbetrieblichen Kurse (üK) werden reorganisiert. Sichtbar ist hingegen die Kampagne «Go Big!», die smart, jugendlich und authentisch das neue Berufsbild des Holzindustriefachmanns/-frau EFZ oder des Holzbearbeiters/ Holzbearbeiterin EBA promotet. Und pünktlich auf den Start des neuen Berufsschuljahres sind die neuen, komplett überarbeiteten und aufgewerteten Lehrmittel für Holzindustriefachpersonen herausgekommen.
Dahinter stehen die beiden neuen Verantwortlichen Berufsbildung. Bernhard Muhr ist gelernter Zimmermann und Holzbau-Polier, Frédéric Martin Möbelschreiner FA. Beide stehen in der Ausbildung zum professionellen üK-Leiter, und sie geben mächtig Gas. Über 50 Berufsbildnerinnen und Berufsbildner aus der ganzen Schweiz folgten ihrer Einladung zum ersten Berufsbildnertagung im Stadion Wankdorf, und sie wurden nicht enttäuscht. «Zeigt Emotionen», rief ihnen Bernhard Muhr, bekennender YB-Fan, entgegen, und: «Lernt die Lernenden kennen». Denn – so zeigen Umfragen – ist es nicht etwa der Lohn, sondern das gute Arbeitsklima und eine sinnvolle Arbeit, die der Generation Z besonders wichtig sind.
Was es vor allem braucht, um wirklich über die Beziehung führen zu können, zeigte Stephan Zürcher von ecoholz auf: Zeit. Vier Stunden wöchentlich sollte man Zeit haben für die Lernenden, und um diese Zeit freizuschaufeln, schob der Referent auch gleich einige Tipps zu einem optimierten Zeitmanagement nach. Dabei machte er einen interessanten Vorschlag: «Führt eure Lernenden, indem ihr mit ihnen ein, zwei kurze Rundgänge täglich macht. Dadurch findet ihr Zeit, eure Lernenden nicht nur fachlich, sondern auch persönlich wahrzunehmen.» Wichtig sei auch, Veränderungen zu überprüfen, bevor der nächste Impuls folgt.
Weil auch hier reden leichter ist als machen, ist Holzindustrie Schweiz mit der Stiftung «TOP Ausbildungsbetriebe» eine Partnerschaft eingegangen. Diese Organisation bietet nicht nur konkrete Instrumente an, um als Lehrbetrieb fit zu werden, sondern, wie Geschäftsführer Thomas Rentsch ausführte, «dies auch als Wettbewerbsvorteil bei der Lehrlingssuche nach aussen zu tragen». Stufe 1 fordert einen Tag und die Bereitschaft, in Selbstdeklaration eine Analyse mitzumachen (z.B. wieviel Zeit erhalte ich für die Lehrlingsbegleitung? Gibt es ein Schnupperlehrprogramm? Gibt es einen Bildungsbericht mit Zielvereinbarungen?) und wenn nötig gewisse Anpassungen im Betrieb umzusetzen. Stufe 2 umfasst dann drei Tage und befähigt, in der Rolle als Lerncoach, entdeckendes Lernen möglich zu machen. Stufe 3 beinhaltet schliesslich Instrumente für die individuelle Unterstützung von Lernbegleiterinnen und Lernbegleitern, die Lernende abholen und fördern, statt einfach nur fordern wollen. «Welche Werkzeuge Sie wann aus diesem Koffer nehmen wollen, entscheiden Sie selbst», sagte Thomas Rentsch, und: «Wer das Zertifikat TOP Ausbildungsbetrieb führt, steht öffentlich für Attraktivität und Nachhaltigkeit in der Ausbildung.»
Zum Schluss der Tagung vertiefte Coach und Moderatorin Beatrice Hodel, was Attraktivität und Nachhaltigkeit in der heutigen Arbeitswelt bedeutet. «New Work» lautet der Leitbegriff, und er beschreibt die Flexibilisierung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsformen. Eine ihrer Hauptbotschaften fasste den Grundtenor der gesamten Veranstaltung treffend zusammen: Ob durch Digitalisierung, durch neue Arbeitszeit- und Arbeitsorganisationsmodelle oder durch kollegiale Führung – es geht darum, sinnhaftes Arbeiten und eine gute Life-Balance in einer zunehmend komplexen Welt möglich zu machen. Auch in der Holzindustrie.
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